Das Forum Language and Society ist eine Reihe von Gastvorträgen zu Themen der Soziolinguistik. Doktorierende der GSH können sich die Teilnahme als Zuhörende mit 0,25 ECTS pro Vortrag anrechnen lassen.
Der Vortrag stellt sowohl real-time (trend und panel survey) als auch apparent time Untersuchungen vor, die den Wandel der Pluralflexionsmorphologie (Präsens, Indikativ) in den Basisdialekten des Bundeslandes Salzburgs seit Anfang des 20. Jahrhunderts nachzeichnen. Die Ergebnisse aus verschiedenen Zeitschnitten (1920/30er, 1970/80er und 2016/17) zeigen einen Wandel vom Dreiformen- (1.Pl. vs. 2.Pl. vs. 3.Pl. – -EN vs. -T vs. -NT) zum Zweiformenplural (1.Pl. = 3.Pl. vs. 2.Pl. – -EN vs. -T), der sich stabilisiert, aber längst noch nicht als abgeschlossen gelten kann. Es wird dafür argumentiert, dass der Wandel einerseits als horizontaler Konvergenzprozess zu angrenzenden bairischen Dialektregionen zu deuten ist, andererseits finden deutliche Advergenzprozesse zur regiolektalen bairischen Umgangssprache statt.
Weiters wird das hohe Maß an intra-individueller Variation in den Daten in den Vordergrund gerückt. Ich werde zeigen, dass die Homogenitätsannahme (homogeneity assumption) der Dialektologie und Soziolinguistik, wonach “groups of speakers who are sociologically similar tend to be linguistically similar” (Boyd & Fraurud 2010: 686–687), oftmals auch für relativ kleinräumige Daten nicht zutrifft. Mithilfe von Erkenntnissen der Complex Dynamics Systems Theory (CDST) werde ich dafür argumentieren, dass auch in der Dialektologie der intra-individuellen Variation über die Zeit mehr Beachtung geschenkt werden sollte.