Vorlesung auf Französisch (mit Englisch-Übersetzung)
Abstract
In diesem Vortrag werde ich mich auf eine Studie konzentrieren, die darauf abzielt, die Interaktionen zwischen Internetnutzern und Mitgliedern des Schweizer Bundesrats in den sozialen Medien Twitter und Facebook während der Covid-19-Krise zu analysieren. Ziel dieser empirischen Untersuchung ist es, die Begriffe der Höflichkeit zweiter Ordnung und der Unhöflichkeit (Locher und Watts, 2005) in naturalistischen Daten zu untersuchen, wobei eine kontrastive Sichtweise durch den Vergleich zweier Landessprachen eingenommen wird: Französisch und Deutsch. Dabei konzentriere ich mich ausschliesslich auf die Merkmale der Höflichkeit und Unhöflichkeit, die in den Reaktionen der Internetnutzer auf die Botschaften von zwei Bundesratsmitgliedern gefunden wurden: Alain Berset und Simonetta Sommaruga. Die Ergebnisse zeigen, dass Internetnutzer in unseren Daten häufiger Unhöflichkeitsmerkmale (Face-Threatening acts) als Höflichkeitsmerkmale (Face-Flattering acts) ausdrücken. Insbesondere ist der Akt der Kritik der am häufigsten verwendete Unhöflichkeitsmarker, während der Akt des Dankes der am häufigsten verwendete Höflichkeitsmarker ist. Darüber hinaus zeigen unsere Daten, dass sich die Antworten der Nutzer in Bezug auf die Häufigkeit von (Un-)Höflichkeitsmarkern und modulierenden Strategien nicht signifikant zwischen Französisch und Deutsch unterscheiden. Auf einer feineren Analyseebene zeigt das Korpus, dass die überwiegende Mehrheit dieser (Un-)Höflichkeitsmarker von modulierenden Strategien umgeben ist, wobei die Nutzer ihre Äußerungen entweder abmildern oder verstärken. Aus einer qualitativen Perspektive stehen diese Strategien im Mittelpunkt unserer Analyse und ermöglichen es zu zeigen, wie entscheidend sie für die Interpretation der Bedeutung einer bestimmten Äußerung sind. In diesem Sinne zeigen wir auch einige Fälle auf, in denen diese Strategien eine Herausforderung für den Annotationsprozess und die vermittelte Bedeutung darstellen.